Albert Einstein und Johann Wolfgang von Goethe hätten im Deutschland von 2011 wenig Aussicht auf eine herausragende Position, egal in welcher Branche. Die beiden beharrten nämlich auf ihrem täglichen Zehn-Stunden-Schlaf. So jemand, versichert zumindest jede dritte der 500 Highest-Level-Führungskräfte Deutschlands, die das Allensbacher Institut kürzlich in seinem „Capital-Spitzenkräfte-Panel“ befragte, wird es gar nicht erst in die höheren Hierarchieebenen deutscher Institutionen schaffen.
Die Chefs bzw. Spitzenkräfte aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung selbst jedenfalls schlafen regelmäßig weniger, als sie gerne schlafen würden – im Durchschnitt kommen sie auf sechs Stunden und sechzehn Minuten. Kann das ausreichen? Oder umgekehrt: Hat das Folgen? Immerhin schlafen sie damit ziemlich exakt eine Stunde weniger als die Deutschen allgemein – und wer als Medium über die Meldung berichtet, sagt meist „Deutsche Chefs schlafen zu wenig“. Dabei blieb es dann meistens.
Leider ist der kurze Schlaf keineswegs das Privatproblem der „Spitzenkräfte“, selbst wenn sie ihren Schlaf „nur“ absichtlich kappen und (noch) keine Schlafstörungen haben (deren Häufigkeit steigt linear mit der Arbeitsbelastung). In den letzten Jahren hat sich die Schlafforschung nämlich intensiv damit beschäftigt, was der gute Schlaf mit mentalen Fähigkeiten zu tun hat, mit kognitiven wie emotionalen. Und das ist eine ganze Menge. Wer immer zu Protokoll gibt, gerne „mehr zu schlafen“, tut das, weil er oder sie sich tagsüber müde oder sehr müde fühlt. So jemand leidet unter chronischem Schlafmangel.
Eine ganze Reihe experimenteller Studien hat empirisch überprüft, was dabei passiert (ein relativ aktuelles Beispiel hier, über weitere werde ich sukzessive an dieser Stelle berichten). Das Ergebnis: Die geistige Leistung sinkt teilweise erheblich, Entscheidungen werden zufälliger getroffen. Abgesehen davon, dass die Stimmung der Betroffenen leidet. Da nun die Leistungsanforderungen gerade von „Spitzenkräften“ zweifellos mentaler Natur sind, sollten wir alle ein Interesse daran haben, dass diese Leute ausgeschlafen sind. Die Folgen der schläfrigen Chefetage baden nämlich alle aus: Von falschen Entscheidungen über erstaunliche Kommunikationsweisen bis hin zu gesundheitlich riskanten und inhaltlich inadäquaten Anforderungen an Mitarbeiter. Nicht zuletzt solche, über die wir auf der „Permanent-online?!“-Tagung in Tutzing gesprochen haben – siehe Eintrag vom 31.7.
Es hilft nichts: Wenig schlafen ist weder heldenhaft noch ehrenvoll und schon gar nicht intelligent. Es macht statt dessen dumm und unflexibel. Auch Chefs. Irgendwann dazu mehr in diesem Blog.
Dass es nebenbei auch noch krank macht, steht auf einem anderen Blatt (dazu hat Burkhart Röper schon ein paar Worte auf seinem Blog verloren) .