Die Urlaubszeit beginnt – und die Bahn verkündet allen Ernstes, ihre schon früher geäußerten absurden Sparmaßnahmen mit dem Winterfahrplan in die Tat umsetzen zu wollen. Sie möchte die Nachtzüge abschaffen. Jedenfalls die, in denen das möglich ist, womit sie bisher für die sogenannte City Night Line geworben hat: „Sie reisen im Schlaf und wachen morgens am Zielort aus“ – und: „Sie kommen ausgeruht direkt im Stadtzentrum an“. Super Zeitmanagement. Falls man schlafen kann.
Schlafen?– richtig gut nur im Liegen
Schlafen allerdings ist nur dann wirklich erholsam, wenn man liegt. Zwar sind Liege- und Schlafwägen ein wenig laut – aber so lange, dass man am nächsten Tag einigermaßen fit ist, schläft man dort schon. Sitzend im ICE ist das erheblich schwerer, und zu allem Überfluss schlägt es sich aufs Kreuz. Sitzen ist nun mal nicht die beste Haltung für das Lebewesen Mensch – und viele Stunden nachts schon gleich gar nicht. Tatsächlich hat die Bahn angekündigt, die Nachtfahrer in die ICEs zu verbannen, also zu vergraulen – mit 250 km/h und im Sitzen. Wie intelligent! Nach einer Nacht im Sitzen ist man nicht ausgeruht. Wer das Gegenteil behauptet, hat keine Ahnung vom Schlaf oder lügt einfach.
Die Bahnoberen – keine Bahnnutzer?
Dieser neueste Coup zeigt wieder mal, was die oberen Etagen der Bahn mit dem ihnen anvertrauten Unternehmen tun: es kaputtsparen. Selbst zu nutzen scheinen sie es nie, sonst würden sie sich solche Schildbürgerstreiche sparen. Niemals kämen hochbezahlte BMW-Mitarbeiter auf die Idee, etwas anderes als BMW zu fahren. Die Bahnoberen? Fahren Auto. Obwohl sie eine Netzkarte haben (BahnCard 100), für die 1. Klasse, wie es heißt; diese „Perlen“ landen offensichtlich an der falschen Stelle.
Liege- und Schlafwagennutzer fahren begeistert Bahn
Die Bahn braucht Menschen, die von der Fortbewegung auf Schienen überzeugt sind, nicht nur solche, deren Auto gerade in der Werkstatt ist. Leute, die weitertragen, dass Eisenbahnfahren super ist – lesen, arbeiten, dösen, Zeit haben, herumlaufen, essen, sogar im Speisewagen, umweltfreundlich, manchmal nette Leute, alles gehört dazu. Die meisten dieser Überzeugten haben schon lange Strecken nachts zurückgelegt. Im Schlaf- oder Liegewagen. Oder im Abteil quer liegend. Niemals im Pseudo-Nachtzug ICE-Großraumwagen. Nicht wenige wurden erst zu begeisterten Zugfahrern, nachdem sie im Liegewagen unterwegs waren.
Süddeutsche Zeitung trauert um die echten Nachtzüge
Am 1. 6. 2016 hat Matthias Drobinsky in der Süddeutschen einen wunderschönen Nachruf auf die Nachtreisen geschrieben. Überschrift sehr passend: „Mord im Orientbus“? Klar, wäre völlig schwachsinnig. Eine spannende Geschichte kann nur im Orientexpress spielen. Subtext Drobinsky: So dumm muss man erst mal sein wie die Bahnoberen.
Rettet die Nachtzüge der DB (und die Autozüge auch)
Die zugehörige Unterschriftenkampagne läuft noch. Die ersten 28.882 Unterschriften wurden zwar bereits in Berlin überreicht. Doch mit jeder weiteren steigt die Chance, dass sich auch der Petitionsausschuss des Bundestages damit befasst. Immerhin vertritt der Bundestag alle Eigentümer. Uns.