Schulkinderschlaf: Was Eltern tun können

In zwei Wochen sind die Ferien überall zu Ende. Damit wird für Eltern die Frage (wieder) wichtig, wieviel Schlaf Schulkinder wirklich brauchen (nicht alle gleich, aber oft mehr, als sie selbst möchten), ob Schlaf wirklich nötig ist, damit ihre Kinder gut lernen können (das ist er!) und was Eltern tun können, um den Schlaf der Kinder zu fördern (auch einiges). Alle diese Fragen sind in meinem Buch „So kommt Ihr Kind gut durch die Schule“ (siehe auch den Eintrag vom 8. Januar in diesem Blog) besprochen. Claudia Minke gestellt und das Interview in ihrem Internetmagazin Familothek veröffentlicht. Sie finden es hier.

In der Familothek bietet Claudia Minke wirklich nützliche, weil seriöse, vernünftige und umfassende Beiträge für Eltern. Die decken alles ab, was Eltern unter den Nägeln brennt oder was sie einfach interessiert, von Familienpolitik bis Gesundheit, von Ernährung bis zu Steuern, von Schule bis Reisen – und natürlich noch viel mehr.

Die Familothek bietet auch Buchbesprechungungen und Interviews zu Themen, die für Eltern interessant sind. Neben dem Interview hat sie auch mein Elternbuch besprochen; diese Rezension finden Sie hier.

Gut schlafen in der Sommerhitze

Zugegeben: ganz so heiß ist es momentan nicht mehr, aber wer weiß…. Karin Hertzer jedenfalls befasst sich auf ihrem Blog warmup-cooldownmit den beiden Enden unpassender Wärme im physikalischen Sinn und dem, wie wir als Menschen darauf reagieren: mit Schwitzen und Frieren. Eigentlich ist Karin Hertzer ja die Expertin fürs Frieren, und das liegt in unseren Breiten normalerweise nahe. Doch spätestens in diesem heißen Sommer stellte sich heraus, dass auch das Gegenstück Hitze gewisse Tricks erfordert.

Was es speziell beim Schlaf mit der äußeren Hitze auf sich hat, haben wir kürzlich besprochen. Das Interview finden Sie hier.

Neu erschienen: Schutz der Nacht – Buch zum Thema Lichtverschmutzung

Es ist Sommer momentan. Richtig Sommer. Also richtig heiß. Wenn wir da gut schlafen wollen, müssen wir nachts die Kühle der Nacht hereinlassen. Doch durchs geöffnete Fenster kommen auch Lärm und Licht. Und die sind dem Schlaf ausgesprochen abträglich. Immer.
24-Stunden-BeleuchtungSchutz der Nacht
Wir beleuchten unsere Städte und unsere Häuser 24 Stunden am Tag, manche Leute sogar ihren Garten. Das gilt als modern, zeitgemäß, schick – und sicher. Man kann es aus dem Weltraum sehen: Die nächtliche Beleuchtung zeichnet die Topographie fast der ganzen Erde nach. Man kann das leicht als „helle Not“ erleben; in Tirol nennen sie es sogar so.
Beleuchtung in der Nacht hat viele Folgen
Die durchgehende Beleuchtung mag zeitgemäß sein. Doch wie alles hat sie ihre Kehrseiten. Die beeinflussen nicht nur uns Menschen, sondern die gesamte Natur. Es beginnt damit, dass wir im weiten Umkreis von Städten nur noch die allerhellsten Sterne sehen können, weil die vielen elektrischen Lichtquellen alle schwächeren Sterne überstrahlen (wichtiges wissenschaftliches Buch „Das Ende der Nacht„). Daher der Name „Lichtverschmutzung“. Und es endet nicht bei den Insekten, die von den Lichtquellen angezogen werden und dort zu Millionen sterben. Es gibt auch technische Lösungen: so hell beleuchten, wie sicherheitsmäßig sinnvoll, aber dunkel genug, dass Zugvögel ein Hochhaus nicht mit „ihrem“ Sternbild verwechseln, dass wandernde Fische ihre Routen nicht verpassen, dass Fledermäuse Insekten verspeisen können, dass nachtaktive Tiere jagen und dass tagaktive Tiere schlafen können.
Erstes allgemeinverständliches Buch zur Lichtverschmutzung
Zu vielen Aspekten des Themas Lichtverschmutzung ist gerade beim Bundesamt für Naturschutz das erste allgemeinverständliche Buch erschienen. Der neue Sammelband basiert auf einer Tagung in der Evangelischen Akademie Tutzing. Mein eigener Beitrag darin heißt: „Lichtverschmutzung und die Folgen für die menschliche Gesundheit“; er ist eng abgestimmt mit dem Beitrag „Licht stellt unsere innere Uhr. Zeitgeber und die Grundlagen der Chronobiologie“ von Dr. Vivien Bromundt aus der Basler Chronobiologie-Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Christian Cajochen. Herausgegeben haben den Band Dr. Martin Held vom Tutzinger Projekt Ökologie der Zeit, PD Dr. Franz Hölker vom Forschungsverband „Verlust der Nacht“ und Prof. Dr. Beate Jessel, die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz.

Sie können den ganzen Band hier kostenlos herunterladen.

Nächste wissenschaftliche Tagung zum Thema: 28. bis 30. Oktober 2013 in Berlin

Die „Entkriminalisierung“ des Schlafs

Neu ist es nicht, dass Schlaf als Zeitverschwendung betrachtet wird, als überflüssig oder einfach lasziv. Seit Jahrhunderten versprechen sich Menschen, religiös oder spirituell weiterzukommen, wenn sie weniger schlafen. Seit jedoch Calvin und andere Protestanten der strengeren Provenienz in Mittel- und Nordeuropa an Einfluss gewannen, begann man, den Schlaf generell zu verachten. Max Weber weist darauf hin. In seiner 1912 erschienenen Studie „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ arbeitet er heraus, dass dieser Ethik gemäß ein gottgefälliges Leben mit Arbeit gefüllt ist, was sich im finanziellen Erfolg widerspiegelt. Mit dabei: wenig Schlaf. Max Weber zitiert Richard Baxter, einen Puritaner aus dem 17. Jahrhundert, der schreibt: „Zeitverlust durch Geselligkeit, »faules Gerede«, Luxus, selbst durch mehr als der Gesundheit nötigen Schlaf – 6 bis höchstens 8 Stunden – ist sittlich absolut verwerflich.“

Mit der „Sittlichkeit“ haben wir es heute nicht mehr so. Und dennoch gilt viel Schlaf als unmoralisch, ja bereits Baxters „sechs bis acht Stunden“ sprechen vielen schon für zweifelhafte Leistungsbereitschaft. Sie bewundern Leute, die wenig schlafen, gerne auch selbst – einige Einträge in diesem Blog befassen sich bereits damit.

Olaf Tscharnezki hat diese Negativhaltung wunderbar auf den Begriff gebracht: „Kriminalisierung des Schlafs“. Tscharnezki ist kein Spinner und kein Mitglied der Müßiggänger-Fraktion. Er ist Betriebsarzt, und zwar bei Unilever. Dort betreibt er, wie er in einem Interview für die „Initiative neue Qualität der Arbeit“ erklärt, die „Entkriminalisierung von Schlaf“. Konkret: Er hat in der Hamburger Zentrale eine „Ruheoase“ eingerichtet. Dort „dürfen“ sich Mitarbeiter erholen und sogar ein kleines Tagschläfchen halten, ohne gleich schief angeschaut zu werden. Tscharnezki konnte das durchsetzen, weil die Leute vor wenigen Jahren massiv vom Stress geplagt waren – 60 Prozent, fast zwei von drei Mitarbeitenden, klagten damals über schlechten Schlaf.

Nun können Schlafstörungen vielerlei Gründe haben. Doch sehr oft haben sie tatsächlich mit Stress am Arbeitsplatz zu tun. Der steigt, wenn die Leute über den Tag von ihrem Anspannungspegel nicht herunterkommen, und er steigt noch mehr, wenn sie abends an ihren Schreibtischen festkleben. Wer so arbeitet, kann abends nur schwer abschalten. Doch ausgerechnet Abschalten ist unerlässlich, um gut zu schlafen. Schlafen heißt, dass der Kopf „herunterfährt“. Das tut er nicht auf Befehl und schon gar nicht schnell. Dafür braucht er Zeit, und, wenn man so will, Übung: das sind die Pausen während des Tages. Möglicherweise in der Ruheoase.

Spektakulärer Unfall – natürlich nachts

Es war, laut Süddeutscher Zeitung, eine Viertelstunde vor ein Uhr nachts. Da machte ein LKW-Fahrer einen folgenschweren Fahrfehler, passenderweise kurz vor der Autobahnraststätte Vaterstetten bei München. Die SZ vermutet, genau die habe er besuchen wollen. Der LKW fiel um – und mit ihm die 700 Ferkel, die er von Dänemark zum Mästen nach Italien hätte bringen sollen, locker 1500 Kilometer. Der Unfall stresste die Ferkel und die reagierten biologisch, indem sie Adrenalin produzierten. Zu viel, sagte die Amtstierärztin. Die Tiere wären nicht mehr „zum Verzehr geeignet“; offenbar würde auch die Zeit der Mast daran nichts ändern. Die Folge: alle Ferkel wurden neben der Autobahn „notgeschlachtet“.

Die Geschichte illustriert nicht nur die Absurditäten europäischer Nahrungsmittel-„Produktion“, die ja mit Pferdefleisch in der Lasagne und zu vielen Hühnern im Stall bei konventionellen und Biobetrieben momentan ohnehin in den Schlagzeilen ist.

Sie zeigt auch wieder einmal eine chronobiologische Grundtatsache: Die Natur hat für den Menschen nicht vorgesehen, nachts zu arbeiten. Sondern? Genau: schlafen. Schlafen wir nicht, werden wir müde, schlecht gelaunt und unaufmerksam. Selbst bei den einfachsten Tätigkeiten sind wir dann schlechter als sonst.

Deshalb sind auch Fahrfehler nachts erheblich häufiger und spektakuläre Unfälle ereignen sich weit überzufällig nachts. Besonders gefährlich ist die Zeit, die man auch „biologische Mitternacht“ nennt. Die liegt bei den meisten Erwachsenen zwischen zwei und vier Uhr morgens, bei Abendtypen später, bei Morgentypen früher. In der Pubertät werden Menschen häufig zu Abendtypen, mit dem Ende der Pubertät ändert sich das wieder. Und zwar so, dass die meisten Leute im Alter wieder beim Morgentyp angelangt sind.

Dieser LKW-Fahrer nun war 73 Jahre alt. Man kann also mit einigem Recht annehmen, dass sich der Unfall während seiner individuellen biologischen Mitternacht ereignet hat. Warum also denken wir uns so wenig dabei, dass immer mehr Menschen nachts arbeiten müssen? Damit alles billig ist? Wie schön.